Wenn man nicht autistisch ist, scheint Kommunikation weitesgehend intuitiv abzulaufen. Als Autist ist das aber oft nicht so einfach, was das Interagieren in einer neurotypischen Welt schwierig macht. So gibt es ungeschriebene Regeln, die Interaktionen regeln, welche sich je nach Umständen und Gesprächspartner ändern.

In der GESPROCHENEN SPRACHE haben Autisten oft folgende Probleme:

-> Schwierigkeiten, Sprache zur Kommunikation im sozialen Kontext zu verwenden

-> Autisten kommunizieren direkt: sie meinen was sie sagen und sagen was sie meinen

-> Schwierigkeiten bei indirekter Kommunikation, zb die Aufforderung zu verstehen, das Fenster zu schließen wenn jemand sagt dass ihm kalt ist.

-> Schwierigkeiten, die Gesprächssituation und die Beziehung zum Gegenüber zu beachten und die Wortwahl, sowie Grammatik und Tonfall anzupassen. So wird ein Fremder vielleicht angesprochen wie ein Freund und der Nachbar wie ein völlig Fremder.

-> Autisten lügen zwar manchmal damit sie in Ruhe gelassen werden - sehr selten jedoch mit der Absicht zu täuschen, sie sind nicht gut im Lügen. Selbst wenn sie die Wahrheit sagen wird ihnen oft das Lügen unterstellt, weil sie ihrem Gegenüber nicht in die Augen schauen.

-> Schwierigkeiten, in emotionalen Situationen richtig zu reagieren, so sieht trösten hilflos aus oder Freude bei einer Hochzeit kann nicht identifizierbar gezeigt werden.

-> Echolalie, manche Autisten benutzen auch komplette Sätze die sie irgendwann einmal gehört haben. Wenn sie im richtigen Zusammenhang verwendet werden, fällt die Echolalie nicht auf. So bauen sich Autisten einen verbalen Baukasten um in der neurotypischen Gesellschaft nicht aufzufallen oder zumindest zurechtzukommen.

SOZIALES VERSTÄNDNIS

-> Schwierigkeiten, die Perspektive einer anderen (nicht-autistischen) Person zu sehen. Dadurch werden Filme oder Bücher manchmal nicht gut verstanden.

-> Schwierigkeiten, den Kontext zu erschließen. Die Frage "wo kommst du her?" kann man mit "Ich bin in München geboren" oder "Ich komme gerade vom Supermarkt" beantworten.

-> Autisten nehmen Vorschläge, Anweisungen und Informationen oft wörtlich.

-> Schwierigkeiten, Anspielungen, Witze und Scherze zu verstehen, was nicht heißt, dass Autisten keinen Humor haben, nur eben etwas anders.

-> Schwierigkeiten mit bildhafter Sprache wie Redewendungen, Metaphern oder Sarkasmus.

-> Es besteht die Tendenz, dass Sätze nicht in Beziehung zueinander gesetzt werden, sondern gesondert verstanden werden.

-> Schwierigkeiten zu erkennen, ob jemand lügt, sie täuschen will oder sich jemand über sie lustig macht.

-> Schwierigkeiten im Verständnis was ein Gesprächspartner wissen kann und was nicht.

-> Subtile Hinweise werden nur selten bis gar nicht verstanden.

NONVERBALE KOMMUNIKATION

-> Kein oder kaum Blickkontakt

-> Sprache ist zu laut, zu leise, zu langsam oder zu schnell

-> Autisten erkennen nonverbale Hinweise wie Mimik, Gestik oder Körperhaltung nicht oder nur schwer

-> Erkennen von grundlegender Emotion wie glücklich oder traurig, komplexere Gefühle jedoch meist nicht mehr

WARUM ES SO SCHWER IST, EIN EINFACHES GESPRÄCH ZU FÜHREN

Sehen wir uns einmal an, was man bei einem Gespräch alles tun muss:

- eine Körperhaltung einnehmen

- Blickkontakt herstellen oder dem anderen zwischen die Augen sehen

- einen Gesichtsausdruck haben

- zuhören

- die Hintergrundgeräusche ausblenden

- verstehen, was der andere meint und was sein Ziel ist (dabei verbales und nonverbales beachten)

- überlegen, wie ich dazu stehe

- überlegen, wie viel ich dazu sagen möchte

- Gedanken im Kopf sortieren

- inhaltlich eine Antwort finden

- den richtigen Moment finden um etwas zu sagen, ohne zu unterbrechen und ohne lange Pause

- Stimmlage finden

- Formulierung finden

- das Gesagte mit Körpersprache, Mimik und Gestik passend unterstützen

Das ist ganz schön viel auf einmal und manche dieser Dinge sind für sich schon schwer. Ein autistisches Gehirn ist nicht darauf ausgelegt, so viele Dinge gleichzeitig zu tun. Wenn es dann auch noch um etwas belangloses geht und nicht um ein Sachthema, wo man sich an viele Fakten klammern kann, wird es für eine autistische Person wirklich anstrengend.

Was kannst du also tun, wenn du mit einem Autisten interagierst?

- vermeide Sarkasmus und Ironie

- sprich nicht in Bildern oder Redewendungen

- bleibe möglichst beim Thema und weiche nicht ab, beachte dass sachliche Themen für Autisten einfacher sind als zwischenmenschliches wie Smalltalk oder Beziehungsfragen

- gib Autisten die Möglichkeit, Fragen zu nicht verstandenen Sätzen oder Wörtern zu stellen (siehe Redewendungen etc.)

- versuche, Überlastung des Autisten zu erkennen (wir erkennen es nämlich oft nicht) und hilf ihm (nervöses Umsehen, tippen mit den Fingern, wackeln mit den Beinen). Dabei ist zu beachten, dass die autistische Person das meist selbst nicht merkt und nicht als Ablehnung oder Langeweile zu deuten ist.

- soziale Gepflogenheiten müssen einem Autisten oft erklärt werden, beispielsweise dass man sich erst dann hinsetzt wenn man von seinem Gegenüber dazu aufgefordert wird, da das die soziale Umgangsform des Respekts ist. Diese ungeschriebenen Regeln gehen an Autisten oft vorbei, sie müssen aktiv erklärt und gelernt werden.